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Pottermania und quickie Harry

Ja, ich lese Harry Potter. Im Unterschied zum Kollegen Ratzinger finde ich die Beschäftigung mit magischen Welten angenehm und anregend für die Phantasie. Nun halte ich die Potter-Bücher nicht unbedingt für die Krone der Literatur, aber sie sind ganz nett. Und Frau Rowling gönne ich ihren Erfolg von ganzem Herzen.
Die Pottermania beim Erscheinen des sechsten Bandes „Harry Potter and the Half-Blood Prince“ dagegen kann einem den Spaß verleiden. Bereits 24 Stunden nach Erscheinen des Buches haben manche Leser – teils gefeatured von Radiosendern – das Buch durch und berichten mediengeil in Radio, Zeitung und Internetforen über die Inhalte. Man hat den Eindruck, sich das Lesen sparen zu können. Oder muss sofort die Zeitung zuschlagen, den Sender wechseln und die Website schließen, sobald der Name „Harry Potter“ auftaucht. Irgendein Depp könnte ja mal wieder verraten wollen, welcher Protagonist stirbt.
Überhaupt die Vorstellung, dass so mancher das Buch nach weniger als 24 Stunden durch hat. Ich stelle mir vor, man wartet wochenlang darauf, mit einem begehrten Menschen Sex zu haben. Und wenn es dann dazu kommt, ist die Sache nach fünf Minuten beendet. Oder man kocht ein schönes Essen und schlingt es dann schnellstens herunter. Die Fürze, die dank der folgenden Verdauungsbeschwerden seitdem durch Radio und Web stinken, sind jedenfalls unerträglich.
Was freue ich mich, dass mein derzeit liebstes Fantasy-Epos, „Das Lied von Eis und Feuer“ von George R.R. Martin, nicht so großen Rummel auf sich zieht. Wie auch. Es ist phasenweise ungeschminkt brutal (also nichts für Kids), es verlangt vom Leser aufgrund seiner wechselnden Perspektiven mehr Intelligenz und Aufmerksamkeit (also nichts für Deppen und Schnellleser) und es entzieht sich konsequent jedem gut/böse-Schema (nichts für einfach strukturierte schwarz/weiss-Moral-Junkies). So sehr ich Schorsch größeren Erfolg gönnen würde – seine Leser dürfen froh sein, wenn ihn die Medien noch eine Weile nicht in ihr gefräßiges Maul nehmen.

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