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Erotische Irrläufer

Vorhin bekam ich eine eMail. Absender unbekannt, kein Subject, nur ein Anhang. Aha, Spam oder Virus. Aber avast meckerte nicht. Auch meine Intuition sagte mir, diese Mail ist anders. Der Anhang: ein Foto mit dem Titel „Meine Süsse“. Gespeichert und nochmals gecheckt. Sauber. Also mit IrfanView geöffnet. Ein süßes Girl lächelte mich an, lange blonde Haare über schwarzen Dessous, die Zungenspitze kreiste verführerisch über die feuchten Lippen. Lecker!
Der Hintergrund wies auf ein privates Foto hin. Hatte da jemand an einen Kumpel gemailt, dessen Realname mit meinem identisch ist, aber Bindestrich oder Punkt vergessen? Solche Irrläufer erhalte ich öfter mal. Auch meine Freundin hatte kürzlich einen Unbekannten mit einem Liebesbrief bedacht, weil sie .de statt .net hinter gmx gesetzt hat. Aber dieser Irrläufer hier war richtig nett am späten Abend.
Aus reiner Neugier checkte ich den Namen des Absenders und seine eMail-Adresse bei Google. Ergebnis von fünf Minuten Recherche: ich kenne seinen Namen, seine Adresse und sein Alter. Weiss, dass er Fan von Eintracht Frankfurt und Bayern München ist. Über ein Forum, das die Mailadressen seiner Mitglieder offen zeigt, fand ich seine Beiträge und darüber seine kleine, private Homepage mit Fotos seiner Person, Partyberichten und allerlei privatem Zeug.
Aus Spaß an der Freud mailte ich ihm zurück, allerdings ohne Hinweis auf die möglicherweise falsche Zustellung. Brachte immer mal die Infos ein, die ich im Web gefunden habe. Es entspann sich eine kleine Korrespondenz. So weiss ich jetzt, dass das Mädel an sich einen Freund hat, aber gerade mit meinem neuen Kumpel anzubändeln versucht.
Ich habe keine ernsthaften Absichten und kein Motiv, um die alte Hackertechnik des social engeneering knallhart durchzuziehen. Aber es ist durchaus erschreckend, wie schnell man im Web Infos von Menschen zusammenkriegt, die unvorsichtig sind. Ich weiss, auch über mich kann man einiges finden, aber es gibt gesetzliche Vorschriften für Betreiber von Webseiten und wenn man beruflich mit dem Web zu tun hat, ist Anonymität Illusion. Wobei ich natürlich auch meine Spielwiesen habe, wo mich niemand kennt 😉
Also: der große Bruder lebt und Otto Schily ist sein bester Kumpel. Seid vorsichtig, wenn’s nicht unbedingt anders sein muss. Und bevor Fragen kommen: ja, ich würde diesen Eintrag zu gern mit dem Bild dieses Mädels verzieren. Aber so sehr es mich in den Fingern juckt, bislang kann ich mich beherrschen…

1 Kommentar

  1. Also ich bin derjenige, der hier beschrieben wird.
    Und ich muss sagen, ein herrlicher Text, auch für Selbstironie.
    Lange nicht mehr so gelacht 😉
    Aber wenn eine Geschichte wie diese so endet, dann nimmt sie doch eine angenehme Bahn.

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